Neulich im Hamburger Zoo, bei trübem Nebelwetter und fast ungestört von anderen Besuchern, habe ich lange einen Pfleger in grüner Latzhose beobachtet, der das Terrarium einer australischen Würgeschlange neu bepflanzte. Er tat dies sehr sorgfältig, in aller Seelenruhe, während Luftfeuchtigkeit auf ihn herabnieselte. Die Schlange war ein prächtig hellgrün und dunkelblau gemustertes Tier mit überirdisch glänzenden Schuppen, mehrere Meter lang und besaß den Durchmesser eines Arms von einem dünnen Erwachsenen. Neugierig glitt sie auf den schwitzenden Mann zu, ihr dreieckiger Kopf tanzte vor und zurück, die blaue Drachenzunge im Anschlag. Immer wieder wehrte der Pfleger ihre Vorstöße ab, durch die Glasscheibe sah ich, wie seine Lippen ein deutliches Nein formten und er ihren Vorderleib sanft auf den nächsten Zweig zurückdrängte. Die Schlange glitt weiter und alarmierte ihre schlafende Schwesterpython, die ich erst in diesem Augenblick bemerkte: Zusammengeringelt bildete sie ein regloses hellgrün-blaues Nest auf einem dicken Ast direkt an der Scheibe. Von der Aktivität der ersten Schlange aufgeweckt, reckte sie sich, ihr Dreieckskopf taumelte ein wenig hin und her; dann fiel sie zurück in absolute Bewegungslosigkeit. Schlange A hingegen war aufgeregt wie ein Hündchen und erneuerte ihre Annäherungsversuche an den Wärter. Ein paar Mal stand ich kurz davor, an die Scheibe zu klopfen, in der Angst, der tief gebeugt Arbeitende könnte ihren nächsten Versuch übersehen; ich sah ihn schon umwickelt und totgedrückt im Terrarium liegen und mich bei der Therapeutin über dies mitangesehene Grauen sprechen. Aber der Pfleger beendete erfolgreich sein Tun, erhob sich, klopfte die schwarze Blumenerde von seinen Knien und verschloss hinter sich die Tür zum Terrarium. Die Schlange verfiel sofort in Tiefschlaf.